Norseman 2018 – Teil VI: Auf zum Gausta

Als 99. ging es auf die Laufstrecke und somit alles im grünen Bereich für das Finish ganz oben auf dem Gausta. Black T-Shirt ich komme! 🙂 Das war auch das erste Mal das ich meine Platzierung erfuhr. Ich hatte mir darum bis dato gar keine Gedanken gemacht – “wird wohl wie immer irgendwo im ersten Drittel liegen” wäre meine Antwort gewesen. Es war auch gut so. Ich hatte meinen Plan und hätte mich sonst vielleicht nur verrückt gemacht. Nicht nur von der Platzierung sondern auch von der Zeit war alles im Rahmen da ich die Wechselzone nach einer insgesamten Renndauer von 8h:10min verließ. Ich hatte vorher geschätzt das ich spätestens nach 8h30min in Austbygdi loslaufen müsste. Dann hätte ich vier Stunden Zeit (und genug Puffer) um bis zum Cutoff am Ende vom Zombie-Hill bei km 32,5 zu kommen. Zumindest war in der Vergangenheit der 160. Athlet immer so nach ca. 12,5h am Cutoff, welcher entscheidet, ob man Black- oder White T-Shirt tragen wird am Tag drauf (ob man auf dem Gausta finishen darf oder weiter unten am Hotel).

Die Laufstrecke ist die ersten 25 Kilometer relativ flach und unauffällig und führt die ganze Zeit an einem See entlang in Richtung Rjukan. Sarah und Papa haben mich bereits zu Beginn mit einem tollen Plakat an der Rückseite vom Auto überrascht 🙂

Bei dem Spruch kann man wirklich nur froh sein das ich so gut in der Zeit lag 🙂

Beim Laufen ist immer Support erlaubt solange man eine Parklücke etc. für das Auto findet und es regelgerecht abgestellt ist (alle Reifen hinter der weißen Fahrbahnmarkierung). Die Strategie hier war einfach mich so oft zu sehen und zu supporten wie es die Strecke/Straße zulässt. Wir hatten aber grob angepeilt uns alle 2km zu sehen. Ich hatte immer eine Flasche mit Energie/Wasser dabei und Sarah hat mir dann immer gereicht was ich gerade benötigte. Beim Laufen bin ich, wenn ich mich recht erinnere, mit 30-40g KH unterwegs gewesen. Zunächst hat sich auf den ersten Kilometern nichts getan was die Platzierung angeht. Ich bin meinen bewusst lockeren 5:30min/km Schnitt getrabt. Zwischendurch habe ich Remi kennengelernt und eine paar Worte mit ihm ausgetauscht. Da er schon einmal den Norseman auf dem Gausta beendet hat konnte er meine Einschätzung bestätigen, was die gute Position/Zeit im Feld betraf. Wir sind eine ganze Zeit zusammen gelaufen bis er irgendwann wegen Problemen/Seitenstechen rausnehmen musste. Ich bekam dann leider ebenfalls das bereits besprochene Problem mit der Verdauung und musste nach 15km das erste Mal in die Büsche verschwinden. Das einzig Schöne daran war, dass extra ein anderes Support-Team (mit ihrem Auto) umgedreht ist und mir in die Seitenstraße gefolgt ist, weil sie dachten das ich mich verlaufen hätte 😀 Nun war es also wieder da: das Käckerproblem. Es sollte mich bis zum Finish noch einiges an Zeit kosten. Dieser erste Stopp bereits 3min. Kurz vor Miland (Kilometer 16) begann auch eine etwas mehr befahrenere Straße sodass zwischenzeitlich ganz schöner (Gegen-)verkehr war. Das war natürlich etwas lästig. Hin und wieder hat es mal ein wenig geregnet und ich konnte auch ein paar Athleten überholen.

Unvergessen natürlich der Augenblick wenn man bei ca. Kilometer 19 “um die Ecke biegt” und den 1.850 m hohen Gaustatoppen vor sich sieht. Einfach nur Hammer! Stolz, Glück und Vorfreude überkommen einen. In dem Moment hatte ich mir keine Sorgen gemacht nicht dort oben anzukommen!

Der Blick zum Gaustatoppen bei km 19

Wieder drei Minuten habe ich mir selbst aufgebrummt als ich nochmal kurz vorm Zombie-Hill in die Büsche musste. Es tat weh nun wieder die Athleten vorbeirennen zu sehen, welche man auf den letzten Kilometern überholt hatte. Kurz vor Rjukan biegt man dann nach links auf den Zombie-Hill ab. Er hat seinen Namen durch den steilen, 7,5km langen Anstieg der sich als Serpentine hinaufschlängelt (man überwindet dabei ~650HM). Am Fuße haben sich Sarah, Papa und meine Wenigkeit dann nochmal kurz getroffen um das weitere Vorgehen zu besprechen. Ich habe die Rennsemmeln (Gel-DS Racer) gegen die immer noch leichten, aber stabileren Kinvara eingetauscht und dann mit den beiden das Vorgehen besprochen. Ab dem Zombie-Hill ist es erlaubt den Athleten zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu begleiten. Zudem darf man jetzt Kopfhörer und das Telefon verwenden. Da es mir soweit gut ging haben wir uns dazu entschieden, dass die beiden vorfahren und probieren bei der Hälfte einen geeigneten Parkplatz zu finden um dann dort auf mich zu warten (und um mich zu verpflegen). Auf Platz 97 liegend ging es an den Berg.

Wie bereits in der Vorbereitung und Streckenbesichtigung ein paar Tage zuvor entschieden, bin ich den Zombie-Hill einfach im sehr zügigen Schritt hochgegangen und konnte dabei wieder ein paar Athleten einsammeln. Lediglich zwei andere waren mit der Taktik zwischen Rennen und Gehen zu wechseln schneller und haben mich überholt. Durchgehend gerannt (bzw. gejoggt) ist auf diesen Positionen niemand mehr. Der Gausta ist nun auch übrigens fast immer (nach jeder Kehrtwende) im Blick und kommt immer näher 🙂

Etwas schade war das regelwidrige Verhalten von einigen Supportern, welche sich einfach mit ihrem Auto in die Kurven oder sonst wo an den Rand gestellt haben. So konnten Sie natürlich eher und besser ihre Athleten versorgen, was aber auch dazu führte, dass teilweise wieder viele Autos zusammengekommen sind. Die Straßen waren ja auch weiterhin für den normalen Verkehr offen. Sarah und Papa hatten in der Tat eine richtige Parkbucht ergattert – klar, dass ist natürlich nicht so einfach auf einer Serpentinenstraße und birgte das Risko vielleicht gar keinen zu finden (die Anzahl war sehr begrenzt). Papa kam mir dann irgendwann ein paar Schritte entgegen und hatte “The XX” zur Motivation angemacht 😀 Ich hatte ihm aber schnell verdeutlicht das dies nun nicht so die treibenste Musik ist 🙂 Am Auto angekommen habe ich mich nochmal versorgt und mit einer Flasche Wasser ausgerüstet. Wenn ich mich recht daran erinnere habe ich mich zu diesem Zeitpunkt zum großen Teil bereits von (Tomaten-)gel und Riegeln ernährt. Die Verdauungsproblematik war ja nun eh schon da und die Laufgeschwindigkeit hoch zum Gausta war so gering das feste Nahrung durchaus Sinn gemacht hat. Sarah und Papa sind weitergefahren und haben das Auto bei km 32,5km (Cutoff) geparkt. Ab dort dürfen nämlich keine (Support-)autos mehr weiterfahren um den Parkplatz am Fuße des Gaustas bei km 37 (Stavsro) nicht zu überlasten (zumal wurde die Straße nun auch deutlich enger und alpiner). Es gibt dann einen Shuttlebus der ab dem Cutoff ca. alle 20min fährt und welchen die Supporter nehmen können, um eben bis nach Stavsro zu kommen. Da Sarah meine “Haupt-Supporterin” war sollte sie mich den Gausta hoch begleiten (eine Begleitperson ist aus Sicherheitsgründen vorgeschrieben). Und um zu gewährleisten das sie definitiv dann da ist (inklusive Parkplatz finden, auf Shuttlebus warten usw.) haben wir uns entschieden, dass sie und Papa eben zu km 32,5 durchfahren und nicht nochmal supporten am Zombie-Hill. Das Problem war nur das ich noch 4km am Berg hatte und die Sonne immer mehr rauskam. Wer hätte das gedacht beim Norseman?! Mir ging tatsächlich das Wasser aus, ich schwitzte richtig und hatte Durst 😀 Aber all das war vergessen als ich um die vorletzte Kurve vor dem Cutoff gekommen bin. Bereits davor waren sie deutlich zu hören: Team Bob begrüßte mich lautstark mit T.N.T. von AC/DC. Im Hintergrund in seiner vollen Pracht der Gausta und nun war auch definitiv klar – ich werde ganz oben finishen. Ich werde das erleben und erreichen wovon ich schon so viele Jahre träumte und was mich immer motiviert hat. In diesem Moment gab es dann kein Halten mehr 😀 Wer sich davon selbst überzeugen möchte darf gerne hier schauen:

Große Emotionen bei 09:00 😀

Ich bog um die letzte Kurve – der Cutoff Punkt bei km 32,5 war erreicht. Wenn ich mich recht daran erinnere habe ich sogar noch die Race-Direktorin umarmt (welche einen dort empfangen hat) und ich meinte zu ihr, dass dies der Moment sei von dem ich schon solange träumte (nicht die Umarmung :D) – es waren halt viele Emotionen im Spiel 😀 Ich habe zwar nicht mehr auf das Positionsschild geschaut (oder ich weiß es nicht mehr :D) aber laut Ergebnisliste habe ich auf dem Zombie-Hill fast 10 Athleten kassiert. Ich erreichte den wichtigen Cutoff nach 11h:51m:33s auf Platz 88.

Von nun an ist der Gausta mit seiner Antenne auch immer ganz prominent im Blickfeld. Die nächsten rund 5 Kilometer zu dem nächsten Parkplatz in Stavsro verlaufen an der Nordseite des Berges. Dort endet dann die Asphaltstraße und man zweigt auf den Wanderweg ab, welcher sich über loses Geröll zum Gipfel schlängelt. Um ehrlich zu sein war jetzt auch erstmal der Wettbewerbsgedanke verschwunden. Ich wusste ich würde “dort oben” finishen und das Endziel war damit irgendwie erreicht. Zumindest konnte es mir jetzt nur noch ich selber oder die Natur versauen. Sarah und Papa waren nicht zu sehen und waren vermutlich schon losgelaufen bzw. mit den Shuttlebus vorausgefahren. Ich war traurig diesen Moment jetzt nicht mit den beiden teilen zu können. Da es weiter recht steil nach oben geht bin ich der Taktik mit dem schnellen Gehen erstmal treu geblieben. Irgendwann habe ich Papa und Lathika eingesammelt und überholt. Die letzten zwei Kilometer vor dem Parkplatz werden wieder flacher und ich wechselte in den Trab und konnte wieder ein, zwei Plätze gut machen. Am Parkplatz angekommen wartete schon Sarah 🙂 Der Darm grummelte schon wieder und da es dort eine fest installierte Toilette gab, habe ich die Möglichkeit nochmal wahrgenommen (wahrnehmen müssen).

Der zu dem Moment fehlende Wettkampfgedanke und die gemütliche Sitzgelegenheit führten zu weiteren 5 Minuten Zeitverlust 😀 Als dieser Teil geschafft war habe ich mit Sarah und Papa die letzten knapp 5 Kilometer, auf Platz 85 liegend, in Angriff genommen. Sarah hatte bereits unsere Rucksäcke, welche mit genug Essen/Trinken, einer Lampe, warmen Klamotten und einen Telefon ausgestattet sein müssen, kontrollieren lassen. Jeweils der Support und der Athlet müssen so einen Rucksack tragen für den Fall, dass das Wetter umschlägt. Das kann in dieser exponierten Höhe durchaus passieren. Deshalb ist Stavsro auch nochmal ein Cutoff. 2005 und 2007 musste das Rennen dort beendet werden und niemand durfte auf den Gipfel. Glücklicherweise sahen die Bedingungen dieses Jahr deutlich besser aus 🙂

Der Aufstieg zum Gausta wird in einem Wanderführer wie folgt beschrieben: “Von Stavsro bis zur oberen Gipfelplattform handelt es sich um eine mittelschwierige Bergwanderung, die über geröllige Wege und an einer Stelle über kurze felsige Steilstufen führt. […]” (Quelle: https://www.hoehenrausch.de/berge/gaustatoppen/). Eine nette Umschreibung für einen streckenweise sehr anspruchsvollen Aufstieg 😀 Aber der Weg beginnt auf den ersten Metern erstmal recht sanft und wir sind zusammen in einem recht zügigen Schritt gegangen. Irgendwann habe ich aber gemerkt das Sarah nicht mehr dranbleibt und habe immer wieder rausgenommen und gewartet. Ich habe in der Zeit den wunderbaren und absolut traumhaften Ausblick genossen und ein paar Fotos gemacht. Ich kann nur empfehlen mal im Internet nach entsprechenden Bildern vom Gausta zu suchen (oder auch die bereits geposteten Videos schauen für einen ersten Eindruck). Er ist der höchste Berg Südnorwegens (der Telemark) und bei gutem Wetter kann man ein Sechstel der Landfläche sehen. Und wir hatten richtig gutes Wetter! Norwegisch eben: Ein Mix aus Sonne und Wolken 🙂 Ein, zwei Stunden davor war es noch nebelig und es hat geregnet – wie gesagt, das Wetter ändert sich hier schnell.

Blick vom Gausta
Blick zum Gipfel

Der Gausta ist ein beliebtes Ausflugsziel und wird jährlich von unzähligen Wanderern besucht. Das Schöne dabei war, dass eigentlich jeder der an diesem Tag an dem Berg unterwegs war uns mit “Heie, Heie, Heie” anfeuerte. Das ist das norwegische “Toll, weiter so” – so oder so ähnlich 😀 Als wir an den beschriebenen Steilstufen angekommen waren, wurde es echt schwierig und ich habe auch Sarah streckenweise den viel zu schweren Rucksack abgenommen. Papa und Lathika waren beide immer ein paar Meter vor uns und sind vorausgegangen.

Auf dem Bergrücken war es für ein paar Meter recht angenehm zu laufen (und flacher) und ich hätte wieder etwas anziehen können. Die letzten 500m hoch zum Gipfel sind dann wieder steil aber gut zu handeln (zu treten). Sarah ist leider immer weiter zurückgefallen. Mehr und mehr Athleten überholten uns (auch Remi hatte sich erholt und war dabei – das freute mich natürlich :)) und mich hat es nun ganz schön in den Fingern (Füßen) gejuckt. Um ehrlich zu sein war ich in diesem Moment traurig und enttäuscht jetzt nicht nochmal einen raushauen zu können aber ich wollte (und konnte) Sarah natürlich nicht alleine lassen. Versteht mich nicht falsch, der Aufstieg war definitiv nicht ohne und ich habe mich Monate spezifisch darauf vorbereitet und war auf Grund der Renneinteilung (Sitzpausen?! :o) offensichtlich noch halbwegs frisch. Klar das ich dann schneller bin (sein kann) als Sarah (welche die Monate davor am Schreibtisch mit der Doktorarbeit verbracht hat). Die letzten 500m waren dann eine Zerreißprobe für mich. Nicht noch einmal an das sportliche Limit gehen zu können nervte mich. Auf der anderen Seite wusste ich, dass ich ohne Sarah und Papa nicht dort wäre wo ich war, weil ich schlicht irgendwo auf dem Rad verdurstet wäre. Im Speziellen würde ich ohne Sarah noch in Eidfjord stehen und packen 😀 Mal von der vielen Unterstützung der letzten Monate (Jahre) ganz zu schweigen. Man bestreitet den Norseman als Team und beendet ihn als Team (“you can’t do it alone”). Mein Kopf wusste das. Nur irgendwie mein Herz noch nicht in diesen Momenten. Natürlich habe ich mich auch von den Year-by-Year Videos “blenden” lassen, welche ich gerade auf auf dem langen oder intensiven Rolleneinheiten verschlungen (gefeiert?) habe. Sie waren (und sind) eine große Motivation aber die Realität ist eben auch, dass es dort oben nicht schwarz-weiß ist, keine dramatische Musik gespielt wird und auch nicht jeder vor Erschöpfung oder mit Freudentränen zusammenbricht.

Wenige Meter vor dem Ziel hat dann Papa auch noch eine Decke ausgelegt welche er im Vorfeld hat anfertigen lassen: “Euer Sieg Norseman und Norsewomen”! Er hat schon lange vorher das begriffen, was mir in dem Moment so schwer fiel zu verstehen (bzw. zu fühlen). Darüber habe ich mich natürlich sehr gefreut und zusammen mit meiner Norsewomen habe ich dann, nach insgesamt 14h19m07s auf Platz 99 liegend, die Ziellinie ganz unspektakulär überquert. Statt der erwähnten dramatischen Musikuntermalung gab es eine warme Suppe, eine Decke und eine dicke Umarmung mit Papa. In der Hütte gab es eine Cafeteria und wir haben uns eine Waffel gegönnt. Das Wetter was weiterhin fantastisch und wir haben noch ein paar Minuten die Aussicht genossen und Fotos gemacht. Alleine für diesen Ausblick hat es sich gelohnt – ein absoluter Traum! Ich wahr natürlich wahnsinnig froh und stolz oben auf dem Gipfel mit den beiden gefinished zu haben, gebe aber auch zu, das meine Stimmung etwas durch das ausbleibende “sportliche Finish” getrübt war.

Da es dort oben recht schnell frisch wird sind wir zeitnah ein paar Meter abgestiegen um zu der Bergbahn zu gelangen. Diese wurde, wie die Antenne auch, im kalten Krieg gebaut und verläuft komplett im Inneren des Berges. Ein weiterer Grund warum auf dem Gausta nur 160 Athleten finishen dürfen ist die (sehr) begrenzte Kapazität dieser Bahn. Und das bekamen wir zu spüren. Ging es uns auf dem Gipfel eigentlich noch ganz gut hat uns das warten (und stehen!) zermürbt und müde gemacht. Wir haben bestimmt eine Stunde gewartet und gestanden. Dafür war die eigentliche Fahrt mit der in die Jahre gekommenen Bahn recht abenteuerlich 😀 Es ging zuerst mit einer Standseilbahn (39°) einen Kilometer in den Berg. Dann steigt man im Berg nochmal um und fährt knapp einen Kilometer mit einer horizontal verlaufenden “Flachbahn” zum Ausgang am Bergfuß. Das ganze wird von einem Zugführer bedient welcher mit umsteigt – kein Wunder also das alles etwas länger dauert 😀 Der Ausgang befindet sich auf der Laufstrecke zwischen km 32.5 (Cutoff) und Stavsro. Da Papa mit Lathika nicht auf die Bahn ewig warten konnten/wollten sind sie komplett abgestiegen. Als die beiden dann kurz nach uns ebenfalls angekommen waren, liefen wir noch das letzte Stück zusammen zum Auto, welches beim Cutoff stand. Von dort waren es nur zwei, drei Minuten Fahrt bis zum Hotel “Gaustablikk” welches an welchem auch das White T-Shirt Finish war und wo wir ein Zimmer gebucht hatten. Auf das (ziemlich teure) Buffet verzichteten wir. Es war mittlerweile recht spät und da wir ganz schön müde geworden waren, hätte sich das nicht wirklich gelohnt. Deshalb ging es nach dem Einchecken und Auspacken direkt aufs Zimmer wo wir dann selber noch fix was gemacht haben. Wenn ich mich recht daran erinnere waren es, zumindest für mich, Würstchen aus der Dose und Reste vom Tag 😀

Vom Cutoff bei km 32,5 zum Hotel sind es nur wenige Kilometer. Deshalb müssen die White T-Shirt Finisher alle vor dem Hotel noch ein paar Runden laufen um auf die volle Marathondistanz zu kommen. Schon während des Auspackens (die Laufstrecke war quasi direkt vor unserem Zimmer) und auch nochmal kurz vor dem zum Bett gehen habe ich noch ein paar Athleten angefeuert, welche gerade vorbeigekommen sind.

Irgendwann ging dann auch die Musik der Finishline aus und wir haben diesen großartigen Tag für beendet erklärt 🙂

Norseman 2018 – Teil V: On the road

Glücklich über die Schwimmzeit ging es aus der Wechselzone schnurstracks von Eidfjord zunächst in Richtung Vøringsfossen, Garen und Dyranut. Weitere Details zu der Strecke habe ich schon in einem früheren Post beschrieben. Wer es lieber visuell mag (und das ist definitiv zu empfehlen bei der Landschaft) sollte hier schauen:

Ihr solltet auf jeden Fall 1:51:30 anschauen 🙂
Und hier nochmal die Strecke in der Übersicht.

Kurzum nun ging es eigentlich 2 Stunden nur bergauf (gerechnet in meinem Tempo bis nach Dyranut). Die erste Stunde ging es hoch zum Wasserfall im Wechsel zwischen der “Old Road” und zwei Tunneln. Die “Old Road” war bei Nebel und Nieselregen ein landschaftlicher Traum und der Måbø Tunnel war, dank der Hitze, der Geräuschentwicklung der Ventilatoren und der Autos (und deren Abgase), das genaue Gegenteil. Seid ihr schon mal in einem mit Autos befahrenen fast 2km langen Tunnel (bei 8-10% Steigung) Rad gefahren? Heftig, sag ich euch und ziemlich skurril! Grüße auch hier wieder an Thorsten der mich im Tunnel dann überholte (dank seiner Warnweste unverkennbar).

Der Måbø Tunnel und die “Old Road”. Quelle

Bereits bevor es auf die “Old Road” ging hatte ich ein ungutes Gefühl in den Oberschenkeln. Es waren nicht direkt Schmerzen oder Krämpfe, mehr so das Gefühl als wäre ich nicht erst 20 Minuten unterwegs sonders schon 5 Stunden. Also eher ein Ermüdungsgefühl in der ganzen vorderen Oberschenkelmuskulatur. Witzigerweise genau zu dem Zeitpunkt als das Motorad vorbeikam (siehe Video oben). Und der Moderator meinte noch das ich mich wohl sehr behaglich fühle…klar wenn man den Daumen hebt 😀 In Wahrheit war ich etwas besorgt sooo früh im Rennen die ersten Probleme zu haben sodass der Daumen eher gute Miene zum bösen Spiel war…alles Taktik natürlich 😀 Ich vermutete das es an den Krämpfen beim ersten Wechsel lag und probierte die Problematik so gut es ging zu verorten bzw. mich nicht reinzusteigern. Gar nicht so einfach weil zudem ab einem gewissen Punkt quasi jeder an mir vorbeigefahren ist (und das mit teils deutlich mehr Power). Ich dachte mir nur “Alter, was haben die denn vor? Die wissen schon das in Dyranut nicht das Ziel ist?!”. Ich habe mich nicht aus der Ruhe bringen lassen und bin stur meine Watt gefahren. Zugegeben – ich war auf dem größten Ritzel und konnte gar nicht anders. Da ich immer um die 190-200W NP fuhr (fahren musste) war dies sogar leicht über den veranschlagten Bereich. Sich jetzt mitreißen zu lassen wäre fahrlässig gewesen.

Oberhalb des Vøringsfossen und quasi mit Beginn der Hochebene wurde ich mit einem wunderschönen Regenbogen begrüßt. Ein traumhaftes Bild was ich wohl nicht mehr vergessen werde. Hier und da Wolken bzw. Nebelschleier und Nieselregen. Wie es halt so ist früh am Morgen in Norwegen (siehe Bilder) 🙂 Garen habe ich nach ca. 1h:15min passiert.

Hier durfte das erste mal supported werden. Wir hatten wohl bei der initialen Kleiderwahl alles richtig gemacht, denn da ich mich aktuell wohl fühlte konnte ich einfach ohne weitere Wechsel durchfahren. Hier konnte ich auch ein paar Plätze wieder gut machen da ich viele Athleten am Straßenrand passiert habe. Ich musste lediglich runterbremsen um die Flasche(n) mit Sarah zu tauschen und um uns kurz abzustimmen. In den Flaschen war das Energie/Wasser-Gemisch welches wir bereits am Abend davor vorbereitet hatten. Ich bin wieder mit dem Squeezy Energy Gel bzw. später Energy Super Gel gefahren. Der Vorteil ist das es dieses in 500ml Flaschen gibt sodass ich direkt mit einer Handvoll angereist bin 😀 Wenn ich mich recht daran erinnere bin ich mit 80-90g Kohlenhydrate pro Stunde gefahren. Das heißt eine Squeezy Flasche reicht für 4 Stunden und entsprechend haben wir auch die Radflaschen gefüllt (125ml Gel + 625ml Rest Wasser). Sarah bzw. Papa haben mir dann immer eine Flasche mit Energie und eine rein mit Wasser gereicht. Letzteres hatte den Grund das 625ml Wasser für die Energiemenge zu wenig sind und ich vorne im Torpedo die Mischung weiter verdünnen musste. Insgesamt musste ich pro Stunde reichlich 1L trinken – zumindest idealerweise. Gerade weil es kein Hitzerennen ist und viele Höhenmeter (und entsprechend viele Abfahrten) zu überwinden sind ist das alles andere als einfach und am Ende habe ich es auch nicht geschafft.

Nach reichlich 2 Stunden erreichte ich Dyranut und somit den höchsten Punkt der Strecke (ca. 1250m ü. Null; Imingfjell liegt 100m tiefer). Hier war eigentlich auch nochmal ein möglicher Klamottenwechsel angedacht aber ich bin einfach durchgefahren. Sehr zum Ärger von Sarah irgendwann, welche jedesmal die säuberlich gepackte Klamottenkiste an den Streckenrand getragen hat 😀

Nach Dyranut geht es die nächsten reichlich 50km auf der Hochebene fast stetig bergab nach Geilo (auf ~800HM). Gibt es hier Gegenwind wird es ätzend. Ich hatte mal wieder Glück – es war größtenteils Rückenwind. Irgendwo zwischen Dyranut und Halne (Kilometer 49) kam dann auch die Sonne raus. Großer Gang und Feuer frei! Mal wieder erhalte ein für mich typischer Jubelschrei 😀 Wie gesagt, in dieser Umgebung mit dem Rad zu donnern ist ein echtes Privileg. Ich kann nur empfehlen mal mit StreetView auf die Strecke zu zoomen oder das Video von oben zu schauen (oder eines der Year by Year Videos) um einen Eindruck zu bekommen. Im Übrigen war auch von den anfänglichen Problemen in den Oberschenkeln nichts mehr zu spüren. Zu dem Zeitpunkt im Wettkampf habe ich darüber auch gar nicht mehr nachgedacht. Sie waren einfach irgendwann weg ohne das ich es direkt bemerkt hätte 🙂

Den nächsten vorher ausgemachten Verpflegungspunkt in Halne habe ich kurzerhand ausgelassen (zur Freude von Sarah – nicht) weil einfach die Flaschen noch mehr oder minder voll waren. Erst in Haugastol habe ich dann wieder Verpflegung aufgenommen. Nun folgten ein paar Kilometer Rolling Hills und ein kleiner “Battle” mit 1-2 anderen Athleten. Auf Grund des Terrains war es schwierig sich abzusetzen bzw. hätte man umgedreht immer deutlich rausnehmen müssen. Wir sind auf den kleinen Rampen immer wieder aufgefahren und an den Ziehstücken immer wieder ein wenig auseinander gefallen. Da auch ein Motorrad im Hintergrund zu hören war wollte ich natürlich besonders regelkonform fahren. Rolling Hills kosten immer Kraft durch den ständigen Wechsel und zusammen mit dem ständigen Überholen und überholt werden war ich meist über meinem veranschlagten Wattbereich. Obwohl es Spaß gemacht hat zu Taktieren war natürlich ein klein wenig Angst da ob ich diesen dann später nicht noch bereuen werde?! 🙂 Im Übrigen war das Motorrad gar kein Referee sondern vom Mediateam wie man mal wieder im Video sieht:

Schaut bei 5:06; auch ein Rücken kann entzücken 😀

In Geilo angekommen war dann auch der “halfway point” erreicht (90km). Nun sollten noch vier weitere Berge kommen – das Rennen war im vollen Gange. Die Berge hatten eine Länge von 3-7km mit 6-13% Steigung und ich war wirklich sehr froh die Strecke vorher abgefahren zu sein. So konnte man die Gegebenheiten gut abschätzen und auch die Verpflegungspunkte festlegen. Keine Angst, die gehen wir jetzt nicht alle im Detail durch – sie waren zumeist am Beginn oder auf dem Peak von den Bergen wo ich entsprechend langsam unterwegs bin. Folgendes schreibe ich auch nur für die Annalen bzw. um zu überprüfen ob es jemand überhaupt liest 😀 Ich musste schon den ganzen Tag – Gott weiß warum (eventuell das kalte Wasser?!) – Pinkeln wie verrückt. Gut, wer mich kennt weiß das dies nichts Neues ist aber diesmal war es extrem. Fahrt am Berg mal Wiegetritt und lasst laufen, dass gibt eine interessante Spur 😀 Und ehe der große Aufschrei folgt, ich hatte Wasser am Rad zum Spülen und es ist tausend mal steriler/sauberer als jeder Schwamm der beim Laufen gereicht wird und den man sich dann über dem Kopf ausdrückt. Aber gut. Themenwechsel bitte 😀

An den Bergen war es meist recht ruhig und das Feld war auseinander gezogen. Manchmal habe ich überholt, manchmal wurde ich überholt. Irgendwann hat man an den Bergen immer wieder die selben Supporter gesehen, welche einen auch immer fleißig anfeuerten. Nicht ganz so laut wie in Roth aber mit der gleichen Zuneigung 😀 Wenn ich mich recht erinnere wurde ich insgesamt wieder mehr überholt und habe konsequent aufs Pacing geachtet. Was ich aber definitiv noch weiß ist das ich an den letzten drei Bergen sogar Athleten bei der Abfahrt überholt habe. Bei meinen Abfahrtskünsten ist das durchaus bemerkenswert 😀 Zwischendrin habe ich auch nochmal mit dem Media-Motorrad geflirtet und ein paar Fragen beantwortet. Nicht so schön war ein-, zweimal die Situation wo ein Supportfahrzeug neben seinen Athleten über einen sehr langen Zeitraum gefahren ist und sogar Sachen ausgetauscht wurden. Das ist ziemlich unsportlich (regelwidrig) und führte auch zu einer langen Autoschlange welche dann ziemlich behindernd war.

Ich glaube es war der drittletzte Berge als ich einen energetischen (und folglich mentalen) Hänger verspürte. Nichts dramatisches und ich kannte die Situation schon aus Roth bzw. aus dem Training – schön ist es trotzdem nicht. Man fährt schlicht keine 180km im Renntempo durch und schwebt dauerhaft auf Wolke sieben. Nichtsdestotrotz bin ich dann schon etwas eher als geplant auf das Energy Super Gel (hat mehr Zucker) und etwas Cola (geringe Energiedichte aber geht schnell in Blut) umgestiegen. Den ein oder anderen Riegel habe ich jetzt auch noch verdrückt. Sarah war ganz schön am Rudern und in Sorge aber am Ende hat ja alles gepasst 🙂 Nach ca. 6h15m erreichte ich den Peak in Imingfjell. Der erste Teil der Abfahrt ist besonders tückisch da sehr steil, steile Kurven und extrem beschis***** Belag. War das Wetter bis hierher echt Sahne und seit Halne auch durchwef sonnig musste es natürlich dort oben wie aus Eimern gießen. Mit klammen Fingern bin ich irgendwie runtergejuckelt. Ist der erste Teil geschafft heißt es dann 25km nur noch “gib ihm” bis Austbygde. Die Abfahrt ist richtig schnell und in den knapp 30min kann man auch gut rollen lassen und die Beine etwas ausschütteln. Gefühlt habe ich nur dreimal getreten in der Zeit. Dank des anfänglichen Regens konnte ich mir auch das Radputzen am Tag danach sparen 😀 Dieser hatte dann übrigens irgendwann auch aufgehört und dank des Fahrtwindes war dann Mensch und Maschine auch trocken in Austbygde angekommen.

Die Wechselzone in Austbygde

Im Vorfeld war die Angst das Sarah und Papa, nach der letzten Verpflegung in Imingfjell, nicht schnell genug nach Austbygde kommen bzw. keinen nahegelegenen Parkplatz mehr bekommen. Alles unbegründet – Papa stand bereits am Eingang der Wechselzone und hat mir das Rad abgenommen. Sarah erwartete mich dann in der Wechselzone und half mir meine Hose, mein Oberteil und natürlich die Schuhe zu wechseln. Ich wechselte in mein Zweiteiler und war froh frische Sachen anzuhaben.

Am Ausgang der Wechselzone steht immer eine Dame welche einem mit Hilfe einer Tafel die aktuelle Position anzeigt. Als ich aus der Wechselzone rannte zeigte Sie mir zu meiner Freude und Überraschung diese Schnapszahl: 99 🙂 Und wie ich bereits hier gespoilert habe, hatte ich mit einer Fahrzeit von 6h:51m eine Punktlandung hingelegt. Ich wollte um die 7h fahren und es war zudem die Zeit, welche von bestbikesplit.com für meine angepeilte (Watt-)Leistung berechnet wurde. Es ist einfach alles zusammengekommen 🙂

Norseman 2018 – Teil IV: Das Schwimmen

Nach ca. vier Stunden “Schlaf” (ich würde es auf Grund der Aufregung mehr Dösen nennen) klingelte um 2:00 Uhr der Wecker. Und das nicht etwa weil der Schwimmstart noch soweit weg war, sondern weil um 4:00 bereits die Fähre ablegt und um 5:00 das Horn zum Start bläst. Der Schwimmstart war von der Ferienwohnung direkt in Sichtweite und man hat sehen können das schon die Helfer vor Ort sind und weiter vorbereiten. Ich stand auf dem Balkon und es regnete, nicht nur ein bisschen, sondern so richtig. Das tat es mit einigen Unterbrechungen schon seit dem “Social Swim” am Tag zuvor. Es war eine tolle Atmosphäre (zumindest sehe ich das so im Nachgang :D). Das Licht und die Lampen von der Wechselzone 300m Luftlinie entfernt, gegenüber in der Ferienwohnung das ebenfalls beginnende Treiben. Die gleiche Unruhe unten auf dem Zeltplatz. Gott war ich froh jetzt nicht noch vor dem Start im strömenden Regen das Zelt verpacken zu müssen 🙂

Um kurz nach drei haben wir die Ferienwohnung verlassen und wie durch ein Wunder hatte es da auch wie auf einen Schlag aufgehört zu regnen. Ein gutes Zeichen?! 😀 Eher nicht, den die Erfahrung lehrte bereits, in 10min kann es wieder losgehen. Nach fünf Minuten Fußweg waren in der Wechselzone angekommen. Weitere fünf Minuten später waren wir eingecheckt. “Wir” weil Sarah als 1. Supporterin mit in die Wechselzone darf. Wir sind nochmal alle Abläufe (und Kleidungsoptionen :D) durchgegangen und haben alles zurecht gelegt. Danach sind wir mit Papa langsam zum Pier und zur Fähre gegangen (weitere 100m entfernt :D). Ich habe den beiden noch einen Kaffee geholt und bin dann auf die Fähre gegangen.

Das Gefühl war dabei irgendwie ähnlich wie schon das Jahr davor in Roth – vor dem Start aber auch während des Rennens. Zumindest so im Nachgang. Alles verläuft wie im Tunnel und die vielen Stunden fühlen sich danach wie Minuten an. Sarah und Papa sind noch einmal in die Ferienwohnung zum Frühstück und zum finalen Verräumen gegangen während ich auf der Fähre erstmal standesgemäß die Toilette aufgesucht habe 😀 Die (Auto-)Fähre ist quasi zweigeteilt. Unten viel Platz für die Autos und oben der eigentliche Aufenthaltsbereich. Auf den Norseman-Videos wird die Atmosphäre immer sehr mystisch eingefangen und mit entsprechender Musik unterlegt. Alle gehen in sich und sind konzentriert. Auf ein paar trifft das zu, die anderen unterhalten sich (zumeist die Norweger und Profis), sind am rumwusseln oder probieren wie ich das Geschäft zu erledigen. Welch Wunder, die Musik fehlt auch 😀 Nachdem ich Jahr für Jahr die Videos gesehen hatte vom Norseman und von der Fähre hatte ich in dem Moment gar nicht das Gefühl so richtig dort zu sein, bzw. zu realisieren was gerade passiert.

Im Unterdeck hat jeder ein Plätzchen für sich gesucht, dort ist die Anspannung auch zu spüren. Das mag aber auch daran liegen das man hier den Nachthimmel sieht, die Motoren hört und eine gewisse Atmosphäre durch blaues Licht geschaffen wurde (wo auch immer das eigentlich herkam :D). Da mein erster Toilettengang nicht von Erfolg gekrönt war habe ich es nochmal auf dem Unterdeck probiert. Dort hatten sie eine mobile Anhängertoilette hingestellt. Ich erwähne das nur weil diese wenige Minuten später dank des Wellengangs umgekippt ist 😀 Keine Angst – es ist niemand verletzt wurden und auch sonst ist nichts passiert. Ein Schreck war es aber allemal. Natürlich war auch der zweite Toilettengang nicht wahnsinnig Erfolg bringend. Und auch wenn ich so meine Problemchen mit der Verdauung habe, hier war es wirklich rein der Aufregung und des Zeitvertreibs geschuldet. So wirklich abschalten, die Stimmung aufnehmen und fokussieren konnte ich nicht. Ich wollte vermutlich einfach nur das es losgeht.

Photo credit Agurtxane Concellon NXTRI 12
Die Ruhe vor dem Sturm.

Ich hatte so langsam angefangen meinen Neo, die Haube und die Füßlinge anzuziehen als ich noch mit einem anderen deutschen Mitstreiter ins Gespräch gekommen bin, welchen ich bereits bei der Wettkampfbesprechung gesehen hatte. Ich weiß leider nicht mehr genau über was wir uns unterhalten hatten, er war aber eher etwas in Sorge vor dem was da wohl kommt. Die Fähre ist ca. 45 Minuten unterwegs bis sie nach ungefähr 4km ihre finale Position weiter draußen im Fjord einnimmt.

Das Unterdeck füllte sich langsam mehr und mehr mit Athleten und auch der bekannte “Wasserhahn” wurde nun aufgedreht. Kurz bevor es ins Wasser geht wird über einen Schlauch das kalte Fjordwasser zur Gewöhnung an das selbige über die Athleten gespritzt.

Ich habe diesen Service natürlich auch wahrgenommen und so gut es ging den Neo damit volllaufen lassen. Die erste Erleichterung: Das Wasser ist weiterhin nicht sterbenskalt. Was hatte ich immer für ein Bammel vor dem kalten Wasser als ich die Szenen in den Videos in den Jahren davor gesehen hatte. Das Schiff hatte mittlerweile gehalten und die Klappe zum finalen Absprung wurde geöffnet. Was tun? Jetzt springen oder noch warten? Auskühlen im Wasser beim Warten auf den Startschuss oder womöglich zu spät dran sein? Also bin ich einmal vor zur Luke zur gegangen, habe ein wenig geschaut und mich dann aber dafür entschieden nochmal auf die andere Seite zur Fjorddusche zu gehen. Nur um ganz sicher zu gehen das ich kein Kältschock bekomme beim Reinspringen 😀 Und natürlich vor Aufregung. Und…das gebe ich ganz unverhohlen zu, auf der Suche nach einer Kamera für eine schöne Erinnerung und einen Gruß. Ich war gut drauf 🙂 Zurück an der Luke habe ich nicht lange gefackelt und bin gesprungen. Bringt ja alles nichts 😀 Mit einem “Let’s got!” und zwei Daumen zur Kamera (siehe Video :)) ging’s in den Fjord.

Bei 7m:52s gibt es zwei Daumen, leider etwas gecutted 🙂

Die Taktik direkt mit aufgezogener Brille ging voll auf. Alles hat gehalten und nichts ist verloren gegangen 🙂 Die zweite Erleichterung: ich würde die Sprunghöhe auf maximal zwei Meter schätzen. Gut – jetzt war ich ja eh schon gesprungen und es ist egal, trotzdem bin ich im Vorfeld immer so von fünf Metern ausgegangen weshalb ich ja ursprünglich auch mal im Freibad am 5er Sprungturm “üben” wollte. Dazu ist es ja nie gekommen und mein treuloser Support hatte mich ja deshalb bereits im Vorfeld immer mit der Möglichkeit der “Chicken”-Klappe aufgezogen.

Der Sprung von der Fähre, vor dem Startschuss rückenschwimmend, den Blick zurück auf die Szenerie und das erste Mal wirklich bewusst wahrnehmen, was gerade passiert. Unfassbar, der Moment den ich das erste Mal vor 6 Jahren in einem der bekannten Videos gesehen habe, wird wahr – ein Freudenruf hallt durch den Fjord.

Nun war es also soweit, der Norseman stand kurz vor dem Startschuss. Ich bin ganz an den Fjordrand geschwommen um dort eine gute Orientierung zum Ufer zu haben. Dort habe ich dann Thorsten getroffen. Ich kannte ihn bereits aus der Facebook-Gruppe und hatte mit ihm Kontakt bezüglich des Lampensetup’s (geeignete Lampen an ein Zeitfahrrad anzubringen ist ein Thema für sich). Er meinte er würde so 65 Minuten (oder weniger?) fürs Schwimmen anpeilen. Gut, dachte ich mir, das ist zu schnell 😀 Leider weniger schnell verging die Zeit bis zum Start. Wie sich herausstellte war ich viel zu früh gesprungen. Oder es gibt Verzögerungen? Oder lag es nur an meiner verschobenen Zeitwahrnehmung? 😀 Ich wusste es nicht da ich meine Uhr bewusst nicht beim Schwimmen dabei habe. Das hat den Grund, dass ich mich nicht schon nach dem Schwimmen mental stressen lassen kann wenn es mal nicht wie geplant läuft (schwimmt). Das Schwimmen hat den minimalsten Anteil an der Gesamtlänge einer Langdistanz. Fünf oder sogar 10 Minuten hin oder her spielen dabei eigentlich keine Rolle (für einen Age-Grouper!). Trotzdem lässt man sich ja dann im Eifer des Gefechts aus der Ruhe bringen. Ich glaube Thorsten hat dann sogar noch eine Kajak-Begleitung gefragt wie lange es wohl noch dauert. Fünf Minuten? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls hieß es jetzt paddeln und alibimäßig warmschwimmen. Und dann auf einmal tönt es durch den Fjord…das Schiffshorn bläst, der Norseman 2018 ist auf dem Weg.

Die Marschrichtung war klar: Ein paar gute Beine finden, in den Rhythmus kommen und sich auf den ersten 2km immer zum Ufer hin orientieren. Geschwommen wurde in Richtung des einzig erkennbaren Punktes: dem Leuchtfeuer was im Hafen von Eidfjord entzündet wurde. Auf den gefühlten ersten 500m war ich hinter Thorsten bis ich ihn irgendwann verloren hatte. Unsere Gruppe war teilweise so nah am Ufer (eigentlich ist es eher schroffer Felsen) das ich mit dem Bauch über ein, zwei rundgelutschte Steine gerutscht bin. Ich würde vermuten das der Sichtbereich um die 2-3 Meter lag was gar nicht so wenig ist wenn man bedenkt das es noch fast dunkel war. Von wirklicher Kälte war das ganze Schwimmen auch nichts zu spüren (zum Glück!), jedoch hat man schon gemerkt wo das Wasser vom Hang in den tiefen Fjord führt. Ich habe zwar immer probiert an Füße zu kommen (Stichwort: Schwimmschatten) jedoch bin ich wie immer ab der Hälfte alleine und in meinem Tempo geschwommen. Es waren auch nicht soo viele Athleten um mich herum. Ein Großteil ist wohl eher mittiger geschwommen bzw. wie sich später rausstellte einfach ein klein wenig hinter mir 🙂 Es wurde langsam hell und man konnte die Silhouette von Eidfjord erkennen. Da das Leuchtfeuer etwas abseits vom Hafen entzündet wurde (und um deshalb nicht unnötige Extrameter zu schwimmen) war es nun wichtig sich in Richtung des erkennbaren, weißen Hotels direkt am Hafen zu orientieren. Das war ebenfalls der Startpunkt der Fähre und somit 100m von der Wechselzone entfernt. Kurz vorm Ausstieg wusste ich bereits zwei Dinge 🙂 Erstens war ich schnell (für meine Verhältnisse) und zweitens war es schon wieder am Regnen. Am Ende habe ich das Wasser als 65. (von 235) mit einer Schwimmzeit von 1h:08m:53s verlassen. Mein Gefühl hat mich also nicht getäuscht und ich war damit sogar schneller als in Roth! War die Strecke zu kurz? Lag es an den Gezeiten, der höheren Dichte des kalten Wassers oder an der Angst vor Walen? Ich weiß es nicht 😀

T1 – Der Schwimmausstieg

Alle Supporter welche mit in die Wechselzone durften, um beim Umziehen und Abtrocknen, zu helfen warteten am Schwimmausstieg. Aber war Sarah auch schon da? Immerhin hatte ich eher mit eine Schwimmzeit von 1h:15 bis 1h:20 gerechnet und dies auch so kommuniziert. Also bin ich aus dem Wasser raus und habe lauthals “Sarahhh, Sarahhh, Sarahhh” gerufen bis ich sie gesehen hatte. In dem Moment egal aber im Nachgang doch etwas peinlich 😀 Nun folgte ein recht problemloser Wechsel. Lediglich die Oberschenkel krampften also Sarah mir die Kompressionssocken angezogen hat (dank der feucht-nassen Beine gar nicht so einfach). Ich vermutete das diese auf das kalte Wasser zurückzuführen sind. Etwas ungewöhlich ist es schon. Normalerweise hat man eher mit Wadenkrämpfen zu tun weshalb ich in regelmäßigen Abständen den Fuß beim Schwimmen beuge um ihn kurz aus der Dauerstreckung zu holen.

Der ganze Wechsel passierte mehr oder minder im Sitzen. Sarah hat sich um die Beine gekümmert während ich den Oberkörper abgetrocknet und mich angezogen habe. Die Problematik mit der Kleiderwahl hatte ich ja schon im vorhergehenden Blogpost erörtert 😀 Am Ende wurde es eine kurze Bibshort (auf Grund der Fahrdauer einfach angenehmer), ein (Funktions-)Unterhemd plus Trikot und eine kurze Wind bzw. Warnweste drüber. So richtig doll gefroren habe ich nicht und die Außentemperatur war auch erträglich. Es waren um die 15/16° bei etwas Regen. So richtig “extreme” war das ganze natürlich nicht, gerade wenn man es mit so mancher Szene aus den Vorjahresvideos vergleicht. Wichtig war es letztlich mich richtig trocken zu bekommen bevor ich aufs Rad steige. Noch ein (sehr) großer Schluck aus der “Post-Swim-Bottle” (30-40g Kohlenhydrate) reingedrückt und hopp. Witzigerweise habe ich dann Thorsten wieder beim Verlassen der Wechselzone getroffen. Am Ende benötigten Sarah und ich 6 Minuten um mich einmal aus- und wieder anzuziehen. Somit absolut zufrieden und im Soll 🙂

Norseman 2018 – Teil III: Let’s go!

Die Reise zum Norseman bzw. nach Eidfjord begann bereits knapp eine Woche vor dem Start. Am Montag Vormittag haben wir uns auf den Weg nach Hirtshals (Dänemark) gemacht um dort mit der Fähre über Nacht nach Bergen überzusetzen. Durch die gute Planung von Sarah sind wir bereits einige Zeit vor dem Ablegen an der Nordseeküste angekommen. Dies habe ich direkt genutzt um bei einer kurzen Schwimmeinheit schon mal die Wassertemperatur vorzufühlen. 20° und ohne Neo war ganz okay – zumindest wenn man in Bewegung bleibt. Jedoch war es natürlich auch noch kein Fjordwasser welches durch die Lage und das zufließende Gletscherwässer kälter sein wird. Gemessen wurden in Eidfjord in den letzten Jahren bisher Temperaturen zwischen 12 und 16 Grad. Nichtsdestotrotz war ich weiter zuversichtlich was die Wassertemperatur angeht. Es war auch in Norwegen ein sehr (ungewöhnlich) warmer Sommer, sodass die Schneeschmelze in diesem Jahr deutlich fortgeschrittener war. Auch die diversen Facebook-Posts bzw. Messungen von verschiedenen Mitgliedern der für den Norseman (von den Organisatoren) extra eingerichteten Facebook-Gruppe in den Wochen vorher bestätigte das. Bald würde ich es wissen…

Als wir am nächsten Morgen in Bergen angekommen sind hat dort schon mein Papa gewartet, welcher zuvor zwei Wochen Urlaub gemacht hat und neben Sarah mein zweiter Supporter sein wird 🙂 Einen ersten Eindruck von der unglaublich tollen Landschaft hatten wir bereits bekommen, nachdem wir uns früh aus der Kabine wagten und einen Blick auf die verregneten Fjorde warfen, welche die Fähre gerade passierte. Ein traumhafter Anblick. Nach einem kurzen Abstecher auf den Fløyen sind wir weiter nach Eidfjord gefahren. Wir haben uns für die etwas längere “scenic route” entschieden wobei dann bereits ein Großteil der Strecke am Hardangerfjord entlang führt. Es war eine unheimliche krasse und zugleich schöne Fahrt. Es war nass und nebelig und irgendwann hat es nur noch geschüttet aus Eimern. Die Straße war eng und man konnte auf Grund des Nebels teilweise nicht die andere Seite des Fjords sehen. “Und in das Wasser soll ich einen Fuß reinsetzen? Nie im Leben!” Dann war der Regen plötzlich wieder weg, eine Minute später war er wieder da. Dieses Phänomen sollten wir in den kommenden drei Wochen noch öfters feststellen. Vom Erlebnisfaktor war diese Fahrt bereits das erste Highlight des Urlaubs 🙂 Als wir um die letzte Fjordkurve vor Eidfjord fuhren konnte man die Silhouetten schon erkennen und ich wusste sofort wo wir waren. Durch die vielen Videos und Berichte (und Google Maps :D) hatte ich eine ungefähre Vorstellung von den örtlichen Gegebenheiten. Kurz vor dem Ortseingang hing dann das erste Willkommens-Banner vom Norseman an einer Brücke. Herzklopfen!

Der Blick von unsere Unterkunft in den Hardangerfjord.

Wir hatten eine Ferienwohnung mit direkten Blick in den Hardangerfjord und auf den späteren Swimmstart bezogen. Ein traumhafter Anblick welcher nur schwer in Bildern zu fassen ist. Papa war etwas eher da und hatte bereits die Schlüssel geholt und war am Verräumen und Essen kochen. So muss das sein 😀

Auf Grund meiner Panik was nun das schlussendliche Wassergefühl betraf musste ich direkt noch ein paar Minuten antesten. Also hinein in die Pelle (Neo plus Haube und Füßlinge, welche beim Norseman erlaubt sind) und siehe da, alles halb so wild. Puh! 17° und “angenehm erfrischend” lautete das Fazit. Es war eigentlich richtig genial. Es hat (mal wieder) leicht geregnet, es wurde langsam duster und dann in dem Fjord seine Bahnen zu ziehen, ja das hatte etwas. Da es bereits halb zehn war sind wir nach dem Essen recht schnell in die Kojen verschwunden.

“Angenehm erfrischend” hier in Eidfjord. Wer sieht mich? 😀

Da ich auf jeden Fall vor dem Wettkampf die Radstrecke besichtigen bzw. mich mit ihr vertraut machen wollte und um auch mit meinem lieben Support eine Versorgungsstrategie festzumachen (Wann, wo, was?), ging es am nächsten Morgen Richtung Austbygdi – der Ort der zweiten Wechselzone vom Rad zum Lauf. Die Strecke führte uns über die einzige Straße (Nationalstraße 7) von Eidfjord über den Vøringsfossen auf die Hardangervidda Hochebene. Erster Halt war ein ganz kleiner Ort (mehr eine Häuseransammlung) namens Garen. Ab hier ist am Wettkampftag auch die Verpflegung durch den Support erlaubt. Bereits die Auffahrt durch die Tunnel von Eidfjord auf die Hochebene war ein Erlebnis. Nass und überall hängt der Nebel in den Bergen. Die Hochebene selbst ein landschaftliches Spektakel. Kurze Zeit später kommt Dyranut (wieder vier Häuser) und der höchste Punkt der Strecke (ca 1250m ü. Null). Ging es die 36km von Eidfjord bis dahin nur bergauf hieß es nun: Feuer Frei! Die Strecke ist jetzt bis Geilo (bei Kilometer 90) immer leicht abschüssig und wenn man dazu Rückenwind hat wird das eine reine Freude. Ich muss es leider noch einmal wiederholen aber landschaftlich ein absolutes Highlight. Es kam mittlerweile die Sonne raus, links und rechts die karge Hochebene, die Gletscher am Horizont und wir zwischendrin auf der Straße die sich durch die Szenerie schlängelt. Sarah und ich haben uns nur im Auto angegrinst 🙂 Schnell wurde mir klar das es ein echtes Privileg war in dieser Umgebung diesen Wettkampf zu bestreiten. Ab Garen haben wir dann alle 10-15km auch einen Punkt festgesetzt und in der Karte markiert, an dem meine Sarah und Papa dann im Wettkampf warten werden, um mich mit neuer Energie/Wasser und eventuell Klamotten zu versorgen. Ab Geilo folgen dann bis Austbygdi auf weiteren 90 Kilometern vier Berge.

Am letzten und dem berüchtigsten Berg (7km lang mit bis zu 13% Steigung) in Imingfjell habe ich auch nochmal das Rad ausgepackt um a) die Serpentinen nach oben und b) die ebenfalls berüchtigte finale Abfahrt anzutesten.

Der Blick vom letzten Berg in Imingfjell.

Die Abfahrt ist gerade im ersten Teil kurvig und mit sehr schlechtem Belag. Noch dazu liegt sie exponiert und ist daher anfällig für Wind und Wetter. Und da ich ein schlechter Abfahrer bin war die quasi ein Muss. Zumal wurde in den Tagen vor dem Wettkampf in der Facebook-Gruppe auf eine Baustelle auf dem langen Ziehstück in Richtung Tal gewarnt. Und ja – es hat einfach mal ein halber Meter Asphalt gefehlt. Gut zu wissen um nicht am Wettkampf unbedarft mit 50km/h drüberzurauschen. Auf halber Strecke haben wir dann wieder das Rad verladen und uns gemeinsam noch einen tollen Wasserfall angeschaut. In Austbygdi angekommen haben wir erstmal unsere Hütte auf dem Campingplatz bezogen. Und wie sollte es anders sein, direkt am Fjord und ja – wieder mit einer traumhaften Aussicht 🙂 Nach einem kurzen Aufenthalt sind wir nochmal ins Auto gestiegen und sind die Laufstrecke abgefahren. Sie lässt sich in mehr oder minder zwei Strecken einteilen. Die ersten 25km geht es flach in Richtung Rjukan um kurz vorher auf den gefürchteten Zombie-Hill abzubiegen.

Das Ziel im Blick :)

Ebenfalls durch die Ausschnitte in den offiziellen Norseman-Videos (und Google Maps :D) wusste ich wieder so ungefähr um die örtlichen Begebenheiten. Ich war im Auto sehr aufgeregt wann wir endlich um die letzte Kurve fahren würden bevor man den Gaustatoppen dann in seiner vollen Pracht sehen könnte. Unvergessen der Moment als es dann endlich soweit war. Ui, ui, ui ein ganz schöner Brocken – das Herz in der Hose :D. Da sollte es also hingehen drei Tage später…

Der Zombie-Hill hat seinen Namen durch den steilen Anstieg der sich über Serpentienen hinaufschlängelt. Bis auf wenige Ausnahmen (Profis/Top-Agegrouper) wird hier gegangen. Er ist ca. 7.5km lang und man überwindet dabei rund 650HM. Am Ende vom Zombie-Hill bei KM 32.5 ist der Cut-Off (Zeitlimit und/oder Platzierung) welcher entscheidet, ob man von dort weiter auf den Gaustatoppen darf oder den Marathon vor dem Gaustablikk Hotel beenden muss. Letztere Route bleibt dann nahezu flach wobei man für das Black T-Shirt Finish (also auf dem Gaustatoppen) nochmal mehr als 1000HM überwinden muss.

Ich hatte meine Laufsachen dabei sodass Sarah und Papa mich dann auch nochmal am Zombie-Hill rausgeschmissen haben. Ich war mir zwar schon im Vorfeld über meine Taktik im Klaren – schnelles Gehen aka Bonsai-Jogging – jedoch wollte ich trotzdem praktische Erfahrung sammeln für das spätere Pacing. Ausgeruht war es gar nicht so schlimm, sobald man (ich) aber auch nur im Ansatz ins Laufen gekommen bin war ich im GA2 (also in den Kohlenhydraten). Und wie ich ja bereits im Blogpost davor erwähnt hatte ist das etwas was man (ich) an einem so langen Wettkampftag auf jeden Fall vermeiden will bzw. muss. Also lautete die Devise weiterhin energieeffizientes, schnelles Gehen.

Die Rad- und Laufstrecke vom Norseman.

Nach einem kurzen Abstecher weiter oben zum eigentlichen Fuße des Gaustatoppens (ab wo dann der geröllige Wanderweg beginnt) sind wir nochmal zum Hotel gefahren und haben dort unser Auto stehengelassen. Bis dahin waren wir mit unserem und dem von Papa unterwegs. Jedoch fahren Sarah und Papa am Wettkampftag zusammen in einem Auto sodass wir unseres gleich am Ziel gelassen haben. Wieder in Austbygdi am Campingplatz angekommen haben wir den Tag für beendet erklärt. Am nächsten Morgen kam es dann zu einem eher ungeplanten und deshalb vielleicht etwas ungeschickten aber immer noch sehr schönen Ereignis: Ich habe mich mit meiner geliebten Sarah quasi auf dem Weg zum Geschirrspülen verlobt 🙂 Eigentlich hatte ich Idee mit dem Antrag ja im Vorfeld mal nach dem Finish auf dem Gipfel geplant, es dann aber als zu kitschig und auf Grund des noch fehlenden Rings wieder verworfen. Tja und dann ist es doch einfach so passiert bzw. habe mich ungeschickterweise auch etwas verplappert. Nichtsdestotrotz, sie hat “Ja!” gesagt 🙂 So verging kein Tag vor dem Norseman ohne Aufregung 😀

Nach dem Frühstück haben wir dann wieder die Rückreise nach Eidfjord angetreten und ich glaube erst da habe ich es nochmal richtig realisiert: Uff, das ist weit…und bergig. Die Marschroute wurde wie folgt festgelegt: “Respektvoll zuversichtlich” ins Rennen gehen, sich immer wieder klarmachen, dass es ein Privileg ist, daran teilzunehmen und am Ende stark finishen – natürlich ganz oben!  Nach einem Halt in Geilo, einem Spaziergang am Ørteren See und dem obligatorischen Besuch am Vøringsfossen (ein Wasserfall) sind wir noch rechtzeitig zur Startunterlagenausgabe bzw. Q&A und Merchandise-Shop gekommen. Meine primären Fragen galten der Abnahme der Warnweste, welche aus Sicherheitsgründen auf dem Rad durchgehend zu tragen ist und dabei ein Minimum an Reflektoren aufweisen, aber trotzdem noch windschnittig sein muss. Meine Warnweste wurde mit “OK 18” markiert, sodass ich tags drauf schneller in die Wechselzone einchecken konnte (danke auch nochmal an Micha für die Leihgabe :)). Weiterhin war ich mir bei den Wechseln zwischen der “Old Road” und den Tunneln direkt nach Eidfjord unsicher, wurde aber beruhigt das es genug Helfer vor Ort geben wird. Die “Old Road” ist die, wie der Name vermuten lässt, alte Straße aus vergangenen Tagen welche von Autos nicht mehr befahrbar ist. Sie schlängelt sich parallel zur neuen Straße (diese welche mit Tunneln) hinauf zum Vøringsfossen. Es ist natürlich ein (mal wieder – landschaftliches) Highlight diese zu befahren, jedoch geht dies aus Sicherheitsgründen (Felsabbrüche) nicht durchgehend, sodass teilweise hin und her gewechselt wird.

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Die “Old Road”

Die letzte Frage betraf dann Latika, den Hund von meinem Papa, welcher mich ja dann ebenfalls bis auf den Berggipfel begleiten würde. Bei entsprechender Führung (des Hundes :D) wurde aber grünes Licht gegeben. Ich habe mir viel zu viel Sorgen gemacht wenn ich im Nachhinein daran denke wie viele offensichtliche Regelverstöße dann im Wettkampf so zu beobachten waren 😀 Interessanterweise gab es diesmal im Athletenbeutel auch ein nützliches Give a way in Form einer Thermoskanne (natürlich mit dem Norsemanlogo). Eine coole Idee wenn man bedenkt das man sie selbst oder der Support am Wettkampftag direkt nutzen kann. Und natürlich kein Vergleich zu den eher billig hergestellten Rucksäcken anderer Langdistanz-Labels die sich dann irgendwann mal häufen. Als Highlight am Abend wurde dann noch bei einer Fischsuppe auf die Verlobung angestoßen 🙂

Am nächsten Morgen (einen Tag vor dem Wettkampf) gab es dann das bekannte “Social Swim” Event aka. das gemeinsame Anbaden mit allen anderen Athleten direkt am Hafen von Eidfjord. Und wieder die Sorge nach dem kalten Wasser. Denn es war vorbei mit der Idylle. In der Nacht hatten sich zwei große Kreuzfahrtschiffe in den Fjord geschoben, wobei eines direkt am (winzigen) Anlegesteg von Eidfjord ankerte. Das hieß a) Schluss mit dem Panorama und b) nun wieder die Angst vor dem kalten Wasser welches durch die Schiffe in den Fjord gedrängt sein könnte. Wo auch immer ich das aufgeschnappt hatte 😀 Und nein, nach dem Anbaden war klar, es hatte sich auch nichts geändert. Es waren weiterhin erträgliche 17°. Bekloppterweise habe dort dann auch nochmal vom 30cm hohen Steg den Sprung von der Fähre “simuliert” 😀 Die Frage die sich dabei stellte: Brille direkt aufsetzen und beim Springen dann mit den Händen fixieren oder Brille und Badekappe dabei erstmal in der Hand halten und im Wasser alles richten. Ich habe mich für Ersteres entschieden 😉 Quasi mehr oder minder direkt aus dem Wasser kommend habe ich dann jeweils nochmal auf dem Rad und Laufen etwas angetriggert und die Beine ausgeschüttelt.

Am Nachmittag sind wir dann gemeinsam zur obligatorischen Wettkampfbesprechung in die Turnhalle von Eidfjord gegangen. Diese begann, das wusste ich bereits von anderen Wettkampfberichten, mit dem Norseman-Video vom Vorjahr. Direkt danach hat dann die Organisationschefin sich mit ein paar Worten an uns Athleten und Supporter gewendet. Ich kann den Inhalt leider nicht mehr ganz genau wiedergeben, aber es hat mich in dem Moment sehr berührt. Es ging dabei darum das Rennen nicht unbedingt als solches zu sehen, sondern eher als “Journey” und Erfahrung zu betrachten, die Möglichkeit in einer tollen Umgebung etwas großartiges zu leisten und mit seinen Freunden/Familie (Supportern) eine gute Zeit zu haben. Danach folgte eine kurze traditionelle, norwegische (und ziemlich athletische) Tanzaufführung und im Anschluss die eigentliche Wettkampfbesprechung. Dort haben wir dann interessanterweise auch ein paar Deutsche getroffen. Unter anderem ein ehemaligen Feuerwehrmann – ebenfalls aus Berlin – welcher jetzt in Eidfjord Friedhofsgärtner ist und beim Norseman mithilft 🙂

Nach einem kurzen Einkauf begann der eigentliche Stress. Es war früher Abend und wir müssten noch packen für die Abreise am nächsten (sehr frühen) Morgen. Jedoch musste ich mich auch noch für die finale Kleiderwahl fürs Rad/Laufen entscheiden bzw. was dann Sarah alles in der Hinterhand haben muss am Streckenrand – je nachdem wie sich das Wetter entwickelt sollte man immer auf Plan A und B vorbereitet sein.

Und das Wetter kann früh um 6 in Eidfjord nach dem Schwimmen ganz anders aussehen als zwei/drei Stunden später auf der Hochebene wo man sich dann idealerweise auch nicht nochmal lange umziehen will. Zumal weiß man nicht wie sehr man nach dem Schwimmen friert, möchte aber gleichzeitig auch nicht zuviel Anziehen, da man ja quasi direkt am Berg ist und reichlich eine Stunde nach Garen auf die Hochebene fährt (und vermutlich dann schwitzt). Eine oft besuchte Webseite in der Zeit sieht man links. Dort konnte man (orts-)spezifisch für den Norseman Wettervorhersagen einholen.

Das heißt fährt man mit Unterhemd und Trikot oder nur mit Trikot und Windweste? Oder nur Trikot und dafür mit Jacke? Die Jacke ist aber nicht wirklich windschnittig. Zumal kommt man dort eher ins Schwitzen. Was ist aber wenn es regnet? Und das wird es! Nur wieviel? Ist es dazu noch kalt? Sollte man den Einteiler/Trikot/Weste direkt unter dem Neo lassen oder sollte man sich lieber erst richtig abtrocknen? Die Regenjacke/Handschuhe direkt in die Rückentasche oder bei Sarah lassen? Und überhaupt, wann werden die Kompressionssocken angezogen? Oder lieber Wollsocken und Aero-Schuhcover? Und wie bekomme ich dir flattrige Windweste noch etwas optimiert?” 😀 Zudem musste alles entsprechend verpackt, aber dabei trotzdem gut zu finden und zu erreichen sein. Es musste überlegt werden was früh mit an die erste Wechselzone kommen muss (eben mit Blick auf verschiedene Wetterszenarien :D) und was im definitiv im Auto bleiben kann und dann erst in T2 oder später gebraucht wird. Das Rad selbst musste beklebt und bestückt werden (Lampen, Werkzeug), es mussten ebenfalls die Klamotten für den Lauf besprochen und gepackt werden, die Ernährungsstrategie (quasi wieviel Zucker wann? :)) und Abläufe in den Wechselzonen noch einmal verinnerlicht werden. Da für den finalen Aufstieg auf den Gaustatoppen man selbst und der Support einen Rucksack mit diversen Utensilien (warme Sachen, Lampen, Energie) dabei haben müssen, wurden diese ebenfalls gepackt. Und die restlichen Sachen in der Ferienwohnung mussten ja ebenfalls noch verpackt und eingeräumt werden. Last but not least wurden auch noch einmal die mentalen Ankerpunkte mit Sarah besprochen 🙂

Wie auf den Bilder gut zu erkennen war es ein ganz schönes Chaos und mich hat es ganz schön überfordert. Ich hasse packen eh schon und der ständige Blick von der Ferienwohnung auf die Wechselzone, wo bereits 10h später um 4 Uhr früh das Schiff ablegen würde, machte es nicht einfacher. Es verging einige Zeit bis wir alles gepackt und die Pastaparty starten konnten. Ohne den Überblick und die Geduld meiner geliebten Sarah würde ich mit Sicherheit heute noch in Eidfjord stehen und Trikots sortieren. Ich bin einfach unheimlich dankbar sie an meiner Seite zu wissen!

Gegen 22:00 waren wir dann langsam zur Ruhe gekommen und im Bett. Um 02:00 Uhr klingelte der Wecker…

Norseman 2018 – Teil II: Die Vorbereitung

Die direkte Vorbereitung auf den Norseman 2018 begann am 18.12.2017 – 33 Wochen vor dem Wettkampf. Zumindest die trainingstechnische. Die organisatorische, also alles was die An- und Abreise und die notwendigen Unterkünfte betraf wurde direkt nach der finalen Zusage meinerseits erledigt. Gerade die unmittelbaren Unterkünfte am Start in Eidfjord und im Ziel am Gaustoppen sind sehr begehrt. Hier werden die Zimmer und Pensionen schon vor der eigentlichen Anmeldeperiode reserviert, nur im Falle des Falles auf der sicheren Seite zu sein. Wir hatten Glück und konnten direkt nach einer entsprechenden Absage eines anderen Teilnehmers (welcher wohl kein Glück bei der Startplatzverlosung hatte) ein Apartment direkt am Fjord in Eidfjord übernehmen bzw. buchen. Doch dazu im nächsten Blogpost mehr…

Disclamer: Die folgenden Abschnitte könnten etwas zu ‘nerdig’ rüberkommen. Und obwohl ich die Zeilen primär für mich zur Erinnerung schreibe (sehr egoistisch, ich weiß) hoffe ich sehr das du (der Leser) es mir nicht übel nimmst. Falls doch nehme ich Beschwerden gerne an 😉

Trainiert habe ich nach dem 18h Mittwochsplan von Arne Dirk (kostenloser Download auf triathlon-szene.de). Diese basieren ursprünglich auf die von Joe Friel (u.a. Going Long. Triathlontraining für die Langdistanz) bekannten Prinzipien und Einheiten mit entsprechender Periodisierung in Prep-, Base-, Build- und Peakphase. In der Roth-Vorbereitung hatte ich anfänglich mit den Trainingsplänen des Tri-Mag-Magazins gearbeitet. Diese sind deutlich weniger umfangreich und waren deshalb ein guter Einstieg in das Langdistanztraining. Zumal hatte ich auch seit dem Herbst 2016 – das Jahr vor Roth – mit einer hartnäckigen Wadenproblematik (am Musculus gastrocnemius) zu kämpfen und war, was das Laufen anging, sehr anfällig. Liebe Grüße auch an meinen damaligen Physio Thomas (hier zu finden), welcher mich später auch noch bis in die Norseman-Vorbereitung begleitet hat 😉 Hatte ich dann erst in der späteren Roth-Vorbereitung (zum Beginn der Build-Phase) punktuell Einheiten von Friel übernommen (ich sag nur Big-Day-Training oder Dave Scott Wochenende), habe ich das Schema in der Norseman-Vorbereitung vollumfänglich durchgezogen. So war es mir möglich in der Prep-Phase (keine Entlastungswochen) über drei Monate hinweg bereits durchschnittlich rund 10 Wochenstunden zu trainieren um so den Grundstein für die kommenden, umfangreichen Einheiten in der Base- und Build-Phase zu legen.

SISU-Winterduathlon Ende Februar.

Beim Plänterwaldlauf Anfang Februar über 10km gab es zwar keine Bestzeit, trotzdem war ich mit dem Ergebnis (41min) auf Grund der Umstände (aus dem vollen Training, keine spezifischen Tempoeinheiten) zufrieden. Zumal gab es endlich mal wieder Racefeeling 🙂 Beim traditionellen Stelldichein und Saisonauftakt der Berliner Triathleten (aka SISU-Winterduathlon) Ende Februar gab es neben einer PB auch noch den 3. AK-Platz zu “feiern”.

In der anschließenden Base-Phase (von Anfang März an) habe ich grob gesagt weiter an der Umfangsschraube gedreht. Ursprünglich wollte ich im zeitigen Herbst 2017 (Mitte September) mit dem Aufbau der Laufform beginnen (zu fokussieren) um dann im März, wenn auch die Radumfänge zunehmen, bereits dort auf einem (sehr) guten Niveau zu sein. Ich hatte in der Roth-Vorbereitung die Erfahrung gemacht, dass man die Form, welche man bis März erarbeitet hat, eben auf Grund der folgenden, hohen Radbelastung und der damit akkumulierten Müdigkeit, nicht mehr großartig steigern kann und eigentlich mit der selbigen Form dann im Sommer am Start steht (vgl. auch “Angriff 2018” von triathlon-szene.de). Das Ganze hat auch vier Wochen gut geklappt bis ich dann ab Ende Oktober insgesamt dreimal mit Erkältung pausieren musste und eigentlich erst wieder Mitte Dezember eingestiegen bin. Gerade noch rechtzeitig um mit dem regulären Plan zu beginnen. Somit war die Idee mit der besseren Laufform im März erstmal dahin.

In der Base-Phase rückt das Krafttraining in der Muckibude mehr und mehr in den Hintergrund (abgesehen von reiner Athletik und Zugseiltraining etc.) und wird funktionaler bzw. sportspezifischer (also beispielsweise direkt auf dem Rad / Laufen am Berg). Der Fokus liegt primär auf der aeroben Ausdauer (“lang und locker”) wobei natürlich die “speed skills” nicht ganz vergessen werden, also kurze Sprints und Techniktraining. Da es beim Norseman rund 5000 HM (1800m per pedes) zu überwinden gilt wurde natürlich ein gewisser Wert auf die spezifische Kraftausdauer am Berg gelegt. Beim Laufen habe ich so gut es geht jeden Berliner Höhenmeter in Form von Rampensprints integriert (Insulaner, Biesdorfer Höhe, Teufelsberg) und bin für das ein oder andere Intervall auch mal auf das Laufband gegangen (nur um mal ansatzweise das Gefühl für die Steigung am Zombie-Hill zu bekommen :D). Für das Radtraining bin ich eine Woche in die Schweiz gefahren. Dort habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum einen habe ich meinen guten Freund Tim besucht und zum anderen habe ich dabei reichlich Höhenmeter gesammelt. Das hieß Woche mit tollen Bergen (rund um Appenzell), super Radwegen an der Donau und einem Kurztrip durch Lichtenstein (die Durchfahrt dauerte 45min) 😀

Der Säntis in den Appenzeller Alpen.

Die insgesamt zwei Wochen Trainingslager (eine davon zu Hause) habe ich bewusst erst Anfang Mai gemacht, damit der Abstand zum Wettkampf nicht zu groß ist. Also im Vergleich zu Trainingslagern im März wo man sich dann nicht mal sicher sein kann ob fernab der Sonne (also wieder in Deutschland :)) überhaupt die Bedingungen zum aufbauenden, kontinuierlichen Radfahren herrschen. Ansonsten verpuffen die fleißig antrainierten Kilometer schneller als gewünscht.

Podium mit Teamkollege Marcus Gawlik beim Ruppiner Duathlon.

Ein Highlight war definitiv auch der Ruppiner-Duathlon zwei Wochen vor dem Trainingslager. Es sollte eine schnelle Laktatdusche werden und das “lang und locker“ der letzten Wochen etwas aufpeppen. Dabei ist dann noch der 2. Platz AK bei den Berliner Landesmeisterschaften im Duathlon rausgesprungen. Was will man mehr?

Wie auch schon im letzten Jahr bildete der Stoneman (natürlich wieder mit Chris) den Abschluss der Grundlagenphase. Der Stoneman selbst war dieses mal keine Freude. Schon nach 60km merkte ich das etwas mit dem Sitzpolster bzw. dem Allerwertesten nicht stimmt. Es hat wahnsinnig gescheuert (gerade auf dem MTB kein Spaß) und am Ende konnte ich kaum mehr sitzen. Da ich auch insgesamt nicht so gut drauf war konnte ich mich nur schwer motivieren bessere Laune zu bekommen bzw. überhaupt in die “mentale Trickkiste” zu greifen. Endzeit diesmal: 11h unter Zuhilfenahme von 16 Riegeln, 2 Cola, 4 Knackern und 1 panierter Käse 😀

In der abschließenden Build- und finalen Peakphase (ca. 11 Wochen vor dem Norseman) geht es darum mehr und mehr das Wettkampftempo “einzuschleifen”. Neben der gewohnten langen Rad- und Laufeinheit kommt eine lange, wettkampfspezifische Koppeleinheit als Schlüsseleinheit dazu. Woche für Woche wird diese länger und die Anteile in deren man Wettkampftempo fährt bzw. läuft nimmt ebenfalls zu (zb. von 4x20min bis 2h durchfahren). Dadurch gewöhnt man den Körper an lange Belastungen in der geplanten, späteren Intensität und kann einschätzen was realistisch (auch was den späteren Laufpace angeht) scheint. Also “wie tief” man Abends in den Topf voll Nudeln schaut 😀 Wen das alles im Detail interessiert sollte sich unbedingt in der Mediathek von triathlon-szene.de umschauen. Die hohen Umfänge sind natürlich eine ganz schöne Belastung und immer eine Gratwanderung. Ich habe in dieser Phase teilweise bis zu 21h pro Woche trainiert. Zum Glück ging alles gut und ich bin gesund und verletzungsfrei geblieben. Zumindest bis zu meinem (unverschuldeten) Crash mit einem anderen, rücksichtslosen Radfahrer im Grunewald. Da er ohne Anzuzeigen die Straßenseite wechseln wollte (er ist einfach rübergezogen) als ich gerade überholte, musst ich ihm notfallmäßig ausweichen und bin schlussendlich zum Sturz gekommen. Wenn man bedenkt das der Helm gebrochen und meine Radschuhe aufgerissen wurden kann man von Glück reden das es bei Schürfwunden und Prellungen geblieben ist. Da ich zudem auf der anderen Fahrbahnseite zum Liegen gekommen bin und kein Auto unterwegs war, hatte ich wohl einige Schutzengel an diesem Tag an meiner Seite. Ärgerlich und vor allem zeitraubend, bei dem eh schon hohem (Zeit-)Aufwand den das Training mit sich bringt, war die ganze Aktion dann trotzdem. Die Schäden am Rad (primär musste der Carbonlenker getauscht werden) haben für viel Rennerei gesorgt und es hat sich über zwei Wochen hingezogen. Die finalen Reparaturen wurden dann erst in Chemnitz während des zweiten TL’s gemacht (später mehr dazu). Leider war mein Unfallgegner nicht Haftpflicht versichert sodass ich am Ende meine Schadensforderungen direkt an ihn stellen musste (schlussendlich erfolgreich). Menschlich war es aber eine Enttäuschung das sich dieses >Arschloch< nicht einmal bei mir gemeldet hat. Nicht nur das ich mich alleine um die Klärung des Falles bemüht habe (Versicherungen, Rechtsschutz etc.), es wurde nicht einmal nachgefragt wie es einem geht oder was mit dem Rad geworden ist. 7 Wochen vor dem Norseman hätte ich gerne auf diese Aktion verzichtet.

Zurück zum Rad. In der Vorbereitung stellte sich auf Grund des Streckenprofils die Frage nach dem Radsetup. Zur Erinnerung: es gilt fünf Anstiege mit insgesamt 3200HM auf 180km zu überwinden, wobei alleine der erste Anstieg einen vom Meeresspiegel auf 1250m bringt. Überwiegt trotzdem die Aerodynamik des Zeitfahrrads oder schlussendlich das geringere Gewicht und die Wendigkeit des Rennrads (dann natürlich mit Auflieger) an den Bergen. Wen Details interessieren darf gerne die zwei sehr guten Blogposts vom mehrfachen Norseman-Podiumsfinisher Allan Hovda lesen. Kurzum – zumindest theoretisch – gewinnt das Zeitfahrrad da sich trotz der Streckengegebenheiten das eigentliche Gewicht auf die Endzeit nicht zu stark auswirkt (10kg on top sind gerade einmal 13min längere Fahrdauer) bzw. der aerodynamische Vorteil auf den flachen Teilen überwiegt. Wie gesagt theoretisch. Wenn man dann wie eine Banane auf dem Rad sitzt, der Wind ausgerechnet von der falschen Seite kommt oder gar die Beine nicht rasiert sind (*zwinker*) sieht es ganz anders aus. Nicht von den Qualitäts- und folglich Preisunterschieden zu sprechen die es bei beiden Bauweisen gibt und welche ebenfalls Auswirkungen auf den Luftwiderstand haben. Wie heißt es so schön? Carbon vor Kondition 🙂 Ich denke am Ende sollte man einfach ein guter Radfahrer sein und vernünftig auf dem Hobel sitzen. Dann sollte es für die meisten (Profis vielleicht ausgenommen) auch keine Rolle spielen ob zudem die Felgen 60mm oder 80mm hoch sind oder welchen CdA-Wert (Luftwiderstand) der Helm hat. Schlussendlich habe ich mich aber ebenfalls für das Zeitfahrrad entschieden. Ob ich damit nun fünf Minuten schneller oder langsamer sein werde sei dahingestellt. Zugeben kann ich das jetzt, also lange nach dem Wettkampf, erst mit dieser Leichtigkeit sagen 😛

Neben der Theorie sollte sich die Entscheidung bereits im TL in der Schweiz bewähren. Immerhin muss man die steife Büchse ja auch im Gelände fahren können (gerade bergab). Dort hatte ich vorsorglich zudem von meinem 28er (11-fach) auf ein 30er Ritzel gewechselt und musste feststellen: Ui, ui, ui, das wird wohl noch nicht reichen um halbwegs im Grundlagenbereich (dazu später mehr) über die Berge in Norwegen zu kommen 🙂 Da mein Schaltwerk aber einen kurzen Käfig hat ist offiziell eigentlich nur ein 28er möglich. Der Grund dafür ist – zumindest in der Theorie – das ansonsten die Kette im kleinsten Gang (auf dem größten Ritzel) das obere Schaltröllchen berührt. Die 30er Kassette hatte ich noch selbst montiert und dabei gelesen, dass man mit dem Justieren der Umschlingungsschraube, zumindest bei 11fach, auch gerade noch eine 32er Kassette fahren kann. Das habe ich dann aber den Fachmann machen lassen. Leider habe ich mich dazu final aber erst zwei Wochen vor dem Norseman entschieden. 

In meinem zweiten Mini-Trainingslager Anfang Juli, 5 Wochen vor dem Wettkampf, bin ich noch das alte Setup gefahren. Diesmal ging es zum Trainieren in meine alte Heimat: das Erzgebirge (ergo Berge!). Das einwöchige Trainingslager setzte einen letzten Umfangsschwerpunkt und beendete die Build-Phase. Es hat einfach unheimlich viel Spaß gemacht und ich konnte unter anderem drei gute (Rad-)einheiten zum Keil- bzw. Fichtelberg abspulen. Mir gefällt die Ecke dort landschaftlich sehr gut, weshalb auch nicht zuletzt der Stoneman so reizvoll für mich ist. Neben dem Radtraining gab es noch eine lange Freiwassereinheit im Geyerschen Teich gefolgt von einer super Laufeinheit (Uphills!) rund um die Stülpnerhöhle bzw. Greifensteine. Es hat richtig gefetzt und mit großer Vorfreude auf den Norseman ging es wieder zu Sarah zurück, welche während meines Trainings die Sonne am Stausee genoss. Eigentlich wollte ich auch im Gablenzer Freibad nun endlich mal den Sprung von der Fähre simulieren, da es dort einen 5m Turm gibt. So richtig Lust und Mut hatte ich dann am Ende dann doch nicht 😀 Nicht zuletzt weil ich nach dem vorherigem rund 30min Schwimmen total durchgefroren war. Und das obwohl das Wasser 21 Grad “warm” war. Die selbe Erfahrung musste ich schon bei meinen (wenigen) morgendlichen Besuchen im Berliner Prinzenbad machen. Dort habe ich mir richtig einen abgeschlottert. Und wenn danach noch dazu keine Sonne schien, war ich fast den ganzen anschließenden Arbeitsweg am Bibbern. Super Voraussetzungen für den Norseman 😀 Ich muss an dieser Stelle einräumen das ich die Vorbereitung auf das Schwimmen im kalten Fjord ganz schön hab schleifen lassen. Ich hatte mich sehr auf den warmen Sommer verlassen und hatte schlussendlich viel Glück damit. Aber zurück zum Trainingslager: Das Abschlusstraining war eine Tour zum Keilberg (172km, 3000HM) mit einem hohen Anteil in der ca. geplanten Wettkampfintensität mit entsprechender Verpflegung und anschließendem 1.5h Koppellauf. Es hat alles gepasst, es hat Spaß gemacht und es gab ein Runners-High auf der Dittersdorfer Höhe vom Feinsten. Ich war super drauf und motiviert – so müsste es vier Wochen später beim Norseman auch laufen!

Links der Keilberg, rechts der Fichtelberg.

Den Radpart bin ich in reichlich 7h bei einer NP (Normalized Power) von 175W gefahren. Das entsprach zum damaligen Zeitpunkt 64% der FTP (271W von Mitte Juni) und auch ungefähr der Intensität welche ich in den spezifischen Einheiten davor bzw. auch unter zur Hilfenahme der Tabellen von Arne ermittelt hatte. Für den Norseman hatte ich eine NP von 66% veranschlagt. Das mag für eine Langdistanz, zumindest in Bezug auf die FTP, wenig klingen (man liest von 75% bis teilweise 81%), jedoch darf man bedingt durch die Höhenmeter nicht vergessen wie lange (bzw. länger) der Tag wird. Man kann schlussendlich nur das Tempo durchhalten, was man in der Lage ist energetisch zu leisten. Und je länger man unterwegs ist (bei einer Langdistanz) desto sparsamer muss man mit seinen Reserve umgehen, damit es am Ende kein Wandertag wird. Obwohl das beim Norseman – bis auf wenige Ausnahmen (Profis) – eh bei den meisten dazu kommt. Dies aber nicht auf Grund von energetischen Problemen sondern mehr auf Grund des Neigungswinkels der letzten 17km ab dem Zombie-Hill 😉 Nichtsdestotrotz kann die FTP nur ein grober Anhaltspunkt sein. Gerade die Langdistanz hat meiner Meinung nach ein ganz anderes Anforderungsprofil (muskulär und energetisch) als ein 20min All-Out-Test, welcher die FTP bestimmt.

Das “Rumgenerde” rund um das leistungsgesteuerte Training mit TSS, IF usw. hat mir trotzdem viel Spaß gemacht. Durch die Blogposts von Allan in Bezug auf die Frage nach dem am besten geeigneten Rad für den Norseman (siehe weiter oben im Text) wurde ich auf bestbikesplit.com aufmerksam. Hier kann man nach Eingabe der Strecke, der Leistungsdaten (NP), Raddaten (Gewicht, CdA) und Wetterdaten (Wind) seine ungefähre Zielzeit prognostizieren.

Voraussage des Radsplits durch bestbikesplit.com

Je nach Wetterlage bin ich dabei immer um die 7h gelandet. Eine Fahrzeit mit der ich gut leben konnte. Immerhin ging es ja um das “Black T-Shirt Finish”. Und auf Grund der ein oder anderen Quelle (liebe Grüße an Micha ;-)) bzw. auch den Finisherdaten der letzten Jahre konnte ich ungefähr einschätzen, dass es reichen sollte den Laufpart nach ca. 8h:30min in Austbygdi zu beginnen. Dabei hatte ich 1h:20min für das Schwimmen und 10min für den ersten Wechsel eingeplant. Somit hätte ich ca. vier Stunden Zeit um den Cut-off bei Laufkilometer 32.5km (am Ende vom Zombie-Hills) zu erreichen. Denn in den den letzten Jahren war der 160. Athlet (mehr dürfen nicht auf den Gaustatoppen) nach ca. 12h:30min an diesem Punkt. (An dieser Stelle sei auch schon mal verraten, dass ich auf dem Rad in der Tat bei 6h:51min, 177 NP und 293 TSS gelandet bin. Punktlandung würde ich sagen :))

Das leistungsgesteuerte Radtraining begann bereits im November, da ich mir eine Rolle gekauft und den Großteil des Radtrainings auf Zwift absolviert hatte.

Ein bisschen bekloppt muss man schon sein 😀

Ich hätte es nicht für möglich gehalten und denke es ist auch etwas verrückt, aber ich habe es in machen Einheiten bis zu 180km und fast 6h auf der Rolle ausgehalten. Es macht echt Spaß und nach ein paar Jahren kennt man halt auch alle Wege in der Umgebung. Und auch wenn ich das MTB-Training im Winter immer verteidigt habe, an Effizienz ist das Rollentraining nicht zu übertreffen. Herr der Ringe (extended) und die Norseman-Videos haben natürlich auch geholfen so lange durchzuhalten. Insgesamt habe ich bis Ende Juli 3600km allein auf der Rolle abgesessen (also 450km jeden Monat!). Um das wattgesteuerte Training auch weiterhin auf dem Wettkampfhobel zu gewährleisten habe ich mir schließlich noch ein Pedal-Wattmesssystem gegönnt. Alles in allem ist es schon ziemlich genial wie ich nun sehr objektiv trainieren und selbst entsprechende Leistungsverbesserungen über den FTP-Test protokollieren kann. So konnte ich meine Schwellenleistung von Dezember 2017 von 226W auf 271W im Juni 2018 steigern. Das entsprach einer relativen FTP-Leistung von 4 W/Kg da ich über den Zeitraum auch nochmal 5 Kilos verloren habe.

Aprops Kilos verlieren. Die zweite wichtige bzw. vermutlich sogar wichtigere Anpassung in der Norseman-Vorbereitung: Die Ernährung in der Basis. Dank einer konsequenteren Ernährung konnte ich von meinen bis dato ca. 72-73kg nochmal rund 5kg abnehmen. Das mag nicht viel klingen, bringt aber gerade läuferisch am Berg so einiges 😀 Zumal waren die 73kg mehr oder minder das Standardgewicht der letzten Jahre und nicht mal die hohen Umfänge der ersten Langsdistanzvorbereitung konnten daran etwas ändern. Erreicht habe ich das mit Hilfe der Freelatics Nutrition App welche ich nur empfehlen kann. Für mich als Koch-Legastheniker gerade richtig, da sie mir entsprechende Gerichte (mit passenden Einkaufzettel) vorschlägt und ich mir nicht immer etwas aus den Finger saugen musste um im Zweifel dann doch wieder Variante “schnell und ungesund” einzukaufen. Es geht natürlich alles auch ohne App, ist kein Hexenwerk und auch nichts was man nicht schon irgendwo über gesunde Ernährung gehört hat: sehr wenig tierische Produkte (Fette) sowie Verzicht auf Brot bzw. Weizen und generell verarbeitete Produkte. Eingetauscht wird das in einen hohen Anteil an pflanzlicher Ernährung (und Fisch). Das ist der ganze Trick.

Vergleicht man abschließend das gesamte Training für Roth mit dem Training für den Norseman kommt man interessanterweise auf eine nahezu identische Verteilung:

Roth (31 Wochen)Norseman (33 Wochen)
Schwimmen16,7%
168km
64h22min
4520 TSS
14,9%
221km
71h:55min
6146 TSS
Radfahren 49,2%
4825km
189h:54min
9478 TSS
49,7%
6608km
239h:30min
10645 TSS
Laufen26,8%
1121km
103h:26min
7053 TSS
27,6%
1430km
132h:50min
9343 TSS
Kraft/Athletik/Koordination7,42%
28h:40min
7,83%
37h:34min
Wochendurchschnitt12h:28min14h:36min

Das Roth-Training im Überblick.
Das Norseman-Training im Überblick.

Wie man ebenfalls deutlich sieht konnte ich in der Norseman-Vorbereitung nochmal ordentlich an Umfang daraufpacken. Gut zu erkennen ist die PREP-phase (die ersten 10 Wochen) ohne jegliche Entlastungswoche. Jedoch habe ich für mich im Nachgang festgestellt, dass ich wohl etwas zu “defensiv” bzw. zuviel Grundlage trainiert habe. Also wenn man das überhaupt so formulieren kann. Aufgrund des Profils ist der Norseman definitiv keine normale Langdistanz. Profis benötigen ca. 2h länger als auf flachen Kursen. Deshalb habe ich auch in BUILD1 nur Tempo auf dem Rad gemacht und bin beim Laufen erstmal bei “lang & locker” geblieben. Natürlich nicht zuletzt weil ich bedingt durch das TL in der Schweiz und die vielen, vielen Kilometer auf der Rolle im Winter wirklich gut im Saft stand. Trotzdem hatte ich großen Respekt vor der Dauer und habe deshalb weiterhin die alte Weisheit (Arnes Weisheit) befolgt: Erst die Länge bzw. die Ausdauer zum sicheren Finishen (aus energetischer Sicht) drauf bekommen und dann am Tempo arbeiten. Ich habe auch nach dem Ruppiner Duathlon keine weiteren Wettkämpfe mehr gemacht und habe mich an den Wochenende auf die langen Einheiten konzentriert. Wie gesagt, rückblickend hatte ich gefühlt schon im zweiten TL im Erzgebirge die Länge/Ausdauer drauf und hätte gefühlt an dem Wochenende starten können. Ohne jetzt zuweit Vorzugreifen, aber das gute Finish (kein Mann mit dem Hammer) beim Norseman bestätigt das. Schlussendlich denke ich trotzdem das eine weitere Mitteldistanz als Schnelligkeitsreiz bestimmt nicht geschadet hätte (oder mehr Schnelligkeitstraining im Allgemeinen). Aber gut, hinterher ist man immer schlauer.

Desweiteren sind wieder, auf Grund der steigenden Umfänge/Intensitäten in BASE3 und BUILD, meine guten Ernährungsvorsätze etwas unter die Räder gekommen. Man kommt vom Training einfach so spät nach Hause das oft nicht die Lust da ist noch lange zu kochen und vorher noch (frisch) einzukaufen. Auf der anderen Seite ist das auch bis zu einem gewissen Grad nur ein Planungsproblem. Wobei der Planungsoverhead bedingt durch die zwei Wohnungen (pendeln zwischen Sarah’s und meiner Wohnung) eh schon schon groß ist, da man pack-technisch meist Tage im Voraus planen musste. Schlussendlich kann man sich trotzdem fragen ob es nicht hin und wieder besser ist auf die zweite Einheit am Tag zu verzichten und dafür mehr Zeit für das Kochen bzw. die Regeneration (kurzes Stretching etc.) aufzuwenden. Ebenfalls etwas länger hätte das Krafttraining mit Gewichten ausfallen können. Bereits Anfang April hatte ich das Maximalkrafttraining nach einem Zyklus (Kraftausdauer -> Hypertropie -> Max. Kraft) beendet und dann nur noch Erhaltungstraining gemacht. Dafür dann verstärkt Athletik, Koordination und Zugseiltraining. Die einschlägige Literatur legt aber Nahe (natürlich je nach Erfahrungsstand) das man durchaus auch bis BASE3 am Eisen arbeiten kann. Also nochmal Minimum 4 Wochen länger und auch über das Trainingslager hinaus.

Ein Punkt den ich leider (wieder) sträflich vernachlässigt habe ist mein gestresster Verdauungsapparat unter Belastung bzw. auf Zucker 😀 Ich hatte die Erfahrung bereits in der Rothvorbereitung (und später im Wettkampf) gemacht und habe es auch in diesem Jahr wieder erfahren dürfen: Dünnpfiff beim Laufen gerade auf den wettkampfnahen Koppeleinheiten. Das heißt bei entsprechender Belastung und auch mit spezifischer Verpflegung, also ein Mix aus verschiedenen Kohlenhydraten (Maltodextrin, Fruktose und Glukose). Ich war schon immer etwas anfällig was das betrifft beim Laufen, jedoch bin ich bei diesen Einheiten quasi jedes mal im Busch verschwunden. Es kann viele Gründe haben nur war ich leider zu bequem diese abklären zu lassen. Denkbar wären Unverträglichkeiten in der Basisernährung oder gegenüber Fruktose, eine zu hohe Konzentration der Zuckerlösung im Magen (bzw. zu wenig Wasser dazu getrunken) oder zu viel bzw. zu wenig Salz. Eventuell auch die aufgenommene Menge. Ich bin auf dem Rad immer so mit bis zu 70-90g/h (Kohlenhydrate) gefahren. Beim Laufen dann entsprechend weniger, circa die Hälfte. Das waren die Mengen die ich im Training evaluiert hatte und mit denen ich ansonsten gut durchgekommen bin (energetisch). Zu diesen Mengen sollte man theoretisch pro Stunde ebenfalls rund 800ml Wasser aufnehmen. Das ist über viele, viele Stunden im Training und Wettkampf gar nicht so einfach. Im Training habe ich meist deutlich weniger zu mir genommen. Glücklicherweise hat die Problematik schlussendlich immer “nur” zu Dünnpfiff geführt und nicht zu Magenkrämpfen- oder Schmerzen (so auch in Roth). Letzteres bedeutet dann lange Gehphasen und im schlimmsten Fall ein DNF. Trotzdem habe ich auch dieses Jahr beim Norseman wieder gut Zeit deswegen liegen lassen und musste dreimal im Busch verschwinden. Die Ernährung ist ein sehr wichtiger Baustein bzw. der maßgebliche Leistungsfaktor. Auch Arne betonte ja das die erfahreneren Langdistanzathleten sich statt über das Training über die Ernährung unterhalten. Denn was bringt das ganze Training wenn man dann nicht in der Lage ist problemlos Energie zuzuführen (und zu verwerten) um damit sein volles Leistungspotential auszuschöpfen. Eine interessante Quelle zu diesem Thema ist übrigens hier zu finden.

Nun aber Schluss mit dem “Rumgenerde”, auf zum Teil III…